Dienstag, 2. Dezember 2008

Timbuktu




















Nüchtern betrachtet ist Timbuktu eine staubige Wüstenstadt. Auf den zentralen Achsen lauern hochgerechnet wohl zehn Schmuckverkäufer auf einen Touristen. Stellenweise sieht man sich mit dem Abfallproblem konfrontiert. Wo ist nun aber das Mystische und Abenteuerliche, das so selbstverständlich mit Timbuktu in Zusammenhang gebracht wird? Es liegt in den Gesichtern der Menschen. Es sind die dunklen Augen der Tuareg, die der Turban gerade mal nicht verdeckt. Es sind das verschmitzte Lachen und die blendenden weissen Zähne der Frauen auf dem Markt. Es sind die Kinder, die einen anlachen und nach "cadeau" fragen. Wie dem deutschen Afrikaforscher Heinrich Barth geht es sehr wahrscheinlich jedem Besucher dieser Stadt. Der Name Timbuktu wirkt nach und wirft über den Ort und über alles, was damit in Verbindung gebracht wird, einen romantischen Schleier. Das mystische und abenteuerliche Bild ist das Ergebnis unserer Fantasie und der Historie der Stadt, die als Handelsstützpunkt für den Transsahara-Handel Bedeutung erlangte. Im 15. Jahrhundert hatte sich der Ort zu einem der grössten kulturellen Zentren Westafrikas entwickelt. Die Universität und die Bibliothek zog sogar Gelehrte aus Kairo an. Salzkarawanen machen noch heute Halt in Timbuktu.
Ich gehe durch die Strassen der Altstadt und versuche durch eine offene Tür einen Blick in den Hof zu erhaschen. Meine Gedanken malen ein Bild über das Leben im Schutze der Lehmmauern. Beobachte ich einen Bela-Jungen, der seine kleine Ziegenherde durch die Gassen treibt, entsteht eine neue Geschichte. Der Tuareg erzählt mir von den Karawanen, die meist morgens um fünf die Stadt erreichen, und ein ganzer Film läuft vor meinem geistigen Auge ab. Timbuktu wird diesen Hauch des Fremden, Geheimnisvollen und Anziehenden bewahren, da er das Auge des Besuchers trübt. Ist die Sehkraft eingeschränkt, schliesst ein Bericht mehr Empfindungen als Tatsachen ein. Für mich ist Timbuktu noch heute eine sagenumwobene Stadt - das ist nicht zu sehen, sondern zu spüren.

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